Erschreckend und dennoch real sind Äußerungen von Prof. Linus Geissler: „Dem tradierten, überwiegend paternalistisch bestimmten Rollenverständnis von Arzt und Patient[1] treten kontrapunktische Entwicklungen entgegen, in denen der klassische Heilauftrag (Heilen, Lindern, Vorbeugen) immer mehr zugunsten einer Kunden-Leistungserbringer-Konstellation aufgeweicht wird. In Extremfällen ist ein "Patient" im engeren Sinne, wie z.B. bei der Präimplantationsdiagnostik nicht mehr auszumachen[2] und ergo auch kein Heilauftrag gegeben[3].
Das alte Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient wird teilweise abgelöst von einem Vertragsverhältnis mit genau definiertem Leistungsumfang. Der Patient wird zum Kunden, der Arzt zum Dienstleister, Praxis und Krankenhaus zum "Profit-Center" [4]. Der Umgang miteinander entspricht dann häufig dem von misstrauischen Geschäftspartnern.
Das Spannungsfeld zwischen Kundendienst, Wissenschaftlichkeit und Kostendämpfung, in dem die Medizin zunehmend agieren muss, erschwert die Identitätsfindung der Beteiligten ("Trilemma der modernen Medizin") [5]/[6]
Statistische Erhebungen zeigten , dass der Patient in der Arzt/Therapiepraxis in der Regel zwischen 5 und 15 Minuten Aufmerksamkeit erhält!
„Deutschlands Ärzte nehmen sich im Vergleich zu ihren europäischen Kollegen am wenigsten Zeit für ihre Patienten“, schreibt die Süddeutsche Zeitung in ihrem Bericht > Zu wenig Zeit für Patienten < aus dem Jahre 2008. Bestätigt wird das durch Studien des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Ärztliche Gesprächszeiten in der Bundesrepublik pro Patient liegen um 30 Prozent kürzer als im europäischen Durchschnitt, deutsche Ärzte haben trotzdem längere Arbeitszeiten, wie das Fachmagazin British Medical Journal(BMJ) ausführt.
Das Ergebnis ist Frustrationen bei Ärzten und Patienten, die sie sich noch verstärkt, weil die deutschen Medikamentenpreise die höchsten in Europa sind. In einem weiteren Bericht des Arztes Harald Kamps wird die Zeit der Gespräche zwischen Patient und Hausarzt in Deutschland im Schnitt mit acht Minuten angegeben. Über 50 Patienten durchlaufen so täglich eine Praxis. Laut IQWiG sind es in Deutschland sogar 56 Patienten pro Tag und Arzt.
In dieser Zeit soll eine grundlegende Anamnese und Therapie eingeleitet werden welche die Ursache des Problems behandelt!
Hier liegt das Problem. Genügt es, dieses einfach hinzunehmen oder werden dadurch die Grundweichen in eine falsche Richtung gestellt?
[7] Bereits die Einleitung der Therapie in der aktuell ausgeführten Form erscheint grundlegend falsch, denn sie verursacht immense Kosten, wodurch die derzeitige Schmerztherapie in eine vorprogrammierte Sackgasse führt. Die Abgabe von Schmerzmitteln bei Schmerzpatienten, die Einleitung von nichts aussagenden teuren bildgebenden Verfahren etc. schaffen chronische Schmerzpatienten!
Als Folge zeigen sich zahllose chronische Schmerzpatienten
- durch teure Verfahren behandelt
- mit weiteren Problemen behaftet
- in stetiger Weiterbehandlung
- deren Schmerzen betäubt werden müssen
- mit akuten und chronischen Schmerzzuständen
- die sich weiter verschlechtern und weitere unnötige Kosten verursachen
Die Kosten tragen Krankenkassen und Versicherungen.
Familie geht in eine Richtung
[8] Ein Umdenken ist zwingend notwendig!
Ein entscheidender Schritt dafür ist die Erkenntnis, dass Patienten sich an den Kosten beteiligen. Es ist wichtig, dass Patienten die Wertigkeit einer ursächlichen Therapie und das Mitwirken an der Gesunderhaltung und dem Gesundwerden bewusst wird. Welche Therapie aber kann den Menschen von den Schmerzen welche durch Fehlernährung, falschem Tagesverhalten etc. muskulär und fascial ausgelöst werden wirklich ursächlich heilen?
Ihr Axel Daase
Quellen:
[1] Siehe Geisler, L. S. (1993) Arzt und Patient - Begegnung im Gespräch, 3. Auflage. Frankfurt a.M. URL: http://www.linus-geisler.de/monografien/monograf.html#ap - Interner
[2] Siehe Geisler, L. S. (2001a) Kinder auf Bestellung. Frankfurter Rundschau, 10. Mai 2001. URL: http://www.linus-geisler.de/artikel/0105fr_pid.html
[3] Siehe C 1 Präimplantationsdiagnostik des Abschlussberichtes der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin". URL: http://dip.bundestag.de/btd/14/090/1409020.pdf
[4] Siehe Kloiber, O. (2001) Der Patient als Kunde - Der Arzt als Dienstleister. Beitrag zur öffentlichen Dialogveranstaltung der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin“ in Jena am 2. Juli 2001
[5] Siehe Bauer, A. W. (2001) Das Trilemma der Medizin zwischen Wissenschaftlichkeit, Kostendämpfung und Kundendienst. In: Engelhardt, Dietrich von; Loewenich, Volker von; Simon, Alfred (Hrsg.) Die Heilberufe auf der Suche nach ihrer Identität. Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin e.V. Frankfurt 2000. Münster/Hamburg/Berlin/London, S. 94-106
[6] Auszug aus Prof. Dr. Linus Geisler: Arzt-Patient-Beziehung im Wandel - Stärkung des dialogischen PrinzipsDer Wandel
[7] Bildquelle: Fotograf Bernd Sterzl , Pixelio: http://image.pixelio.de/000/101/875//thumbnails/1.jpg
[8] Bildquelle: Fotograf Gerd Altmann/Shapes: AllSilhouettes.com http://image.pixelio.de/000/547/018//thumbnails/1.jpg