Sackgasse Wissenschaftsgläubigkeit
Vertrauen wir nicht blind der Wissenschaft und hoffen wir nicht auf ihre Hilfe?
Haben wir denn nicht die Fehlbarkeit der von Menschen geschaffenen Wissenschaft verdrängt? Immer mehr Mediziner, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten etc. vertrauen nur den wissenschaftlich anerkannten Therapien. Alles was nicht als evidence based wissenschaftlich geprüft wurde gilt als unwirksam. Die neuzeitliche Entwicklungsrichtung in der Medizin, die ausdrücklich die Forderung erhebt, dass bei einer medizinischen Behandlung patientenorientierte Entscheidungen nach Möglichkeit auf der Grundlage von empirisch nachgewiesener Wirksamkeit getroffen werden sollen, schränkt den Mediziner und Therapeuten in seiner Handlungsfreiheit und Anwendung von wirksameren Behandlungsformen unnötig ein. Hochwirksame therapeutische Anwendungen für Patienten, welche nicht wissenschaftlich untersucht wurden, aus welchen Gründen auch immer, kommen dann nicht bei Patienten zur Anwendung. Und das hat fatale Folgen für Erkrankte und das gesamte Gesundheitssystem!
Haben wir nichts gelernt?
Dozenten welche an den Universitäten und Hochschulen Mediziner und Therapeuten ausbilden lehren das zu vermittelnde Wissen als "Dogmatisches Wissen". Alles andere Wissen wird als unwahr, wirkungslos und nicht existiert dargestellt. Die Wahrheit aber ist: Unter der Sonne gibt es Dinge, welche wir Menschen nicht kennen und verstehen. Nur weil wir diese Dinge nicht verstehen bedeutet das nicht, dass es diese nicht gibt. Bedeutet dies nicht, dass diese Dinge eine wirksamere Medizin sein kann.
Wir müssen lernen, uns insgesamt der Wahrheit zu öffnen. Toleranz ist das Wissen, dass jeder Mensch immer nur einen Teil der ganzen Wahrheit für sich beanspruchen kann.
Früher hatten wir eine kirchliche Religion gehabt. Heute haben wir eine wissenschaftliche Religion geschaffen. Meines Erachtens sind wir nicht objektiver und aufgeklärter geworden. Das Versagen der medizinischen Wissenschaft zeigt sich so wie sich im Mittelalter die Kirche verhalten hat. Sie ist in Dogmen und ihrer Systematik erstarrt und belegt Andersdenkende mit dem Bann. Die «Gefolgschaft» manifestiert sich in der Forderung, dass jeder Mediziner auf den einen wahren Weg der naturwissenschaftlich-experimentellen Methode verpflichtet wird.
Auch bleiben heute die Opfer wie damals in der wissenschaftlichen Religion die gleichen!
Früher wurden Tiere auf dem Altar der Gottheit geopfert, heute werden sie auf dem Labortisch der Wissenschaft geopfert.
Und nur wer dieser Methodologie mit seinem Absolutheitsanspruch folgt, hat berufliche und gesellschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten.
Und wer entscheidende neue Erkenntnisse hat, muss diese in müheseligem Ringen gegen den geschlossenen Widerstand der etablierten Medizin durchsetzen.
Alles was nicht zur bestehenden Lehrmeinung passt, wird schnell als unwissenschaftlich disqualifiziert.
Ich stelle fest, dass die propagierte alte Formel: Wissenschaft gleich Fortschritt und Wissenschaft gleich Objektivität nicht mehr übereinstimmt mit der ursprünglichen Vorstellung, dass Wissenschaft die Suche nach der Wahrheit ist.
Auch die Wissenschaftler schulden der Gesellschaft Rechenschaft. Sie dürfen nicht mehr nur mit bestimmten Methoden unreflektiert arbeiten, nur weil sie diese einmal von einem berühmten Lehrer gelernt und unbesehen übernommen haben.
Die Grundlagen der wissenschaftlichen Arbeit sind Selbstkritik und Eigenverantwortung. Doch reichen diese nicht aus für die objektive Beurteilung, ihre Berechtigung und Gültigkeit. Die Wissenschaft muss auch Zweifel an der Gültigkeit der aktuell anerkannten Methoden zulassen. Das In-Frage-Stellen-Können hat die heutige Wissenschaftsgläubigkeit zu ersetzen.